Das Bündnis Stadtherz fordert zeitnah eine politische Umsetzung von „Housing First“ in Hamburg – obdachlose Menschen sollen dem aus den USA stammenden Erfolgsmodell nach bedingungslos Zugang zu Wohnraum erhalten. Auch in Deutschland sind bereits mehrere Housing First Projekte mit Erfolg gestartet. Doch was braucht es konkret, damit Housing First in Hamburg umgesetzt werden kann? Wie stehen die Parteien in Hamburg zu Housing First? Inwieweit steht das Prinzip zur langfristigen Vermeidung von Obdachlosigkeit auf der politischen Agenda?
Großes öffentliches Interesse an Wahlbefragung zu Housing First
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hat das Bündnis Stadtherz noch vor der Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020 eine öffentliche „Wahlbefragung“ im Herz AS, einer Tagesaufenthaltsstätte für Obdachlose, im Münzviertel, veranstaltet. Hierzu eingeladen waren die Fachsprecher*innen für Soziales aus der Hamburger Bürgerschaftsfraktion der Parteien SPD, B’90 Grüne, CDU und DIE LINKE. Das öffentliche Interesse an der Veranstaltung am 11. Dezember 2019 war groß – ca. 70 Interessierte besuchten die Veranstaltung, die Friederike Gräff (taz) moderierte. Zwei kurzfristige krankheitsbedingte Absagen von Ksenija Bekeris (SPD) und Andreas Grutzeck (CDU Altona) führten leider dazu, dass lediglich Cansu Özdemir (DIE LINKE) und Mareike Engels (B’90 Grüne) auf dem Podium zur Wahlbefragung „Housing First – Jetzt Sofort!?“ dem gespannten Publikum Antworten gaben.
Einen fundierten Einstieg zu dem Konzept Housing First lieferte Stefan Laurer, Mitarbeiter des Housing First Modell-Projektes in Berlin (www.housingfirstberlin.de). Zentral für eine erfolgreiche Umsetzung, so Laurer, sei an erster Stelle das Vorhandensein des politischen Willens und eine zielführende Konzepterarbeitung durch Protagonisten aus der lokalen Wohnungslosenhilfe.
Politischer Wille in Hamburg vorhanden: „Anträge hoffentlich bald in der Bürgerschaft“
von links nach rechts: Cansu Özdemir (Linke), Stefan Laurer (H.F. Berlin), Friederike Gräff (taz), Mareike Engels (B’90 Grüne)
Gleich zu Beginn der Wahlbefragung machte Frau Engels deutlich: Es gäbe in der Koalition zwischen SPD und Grüne eine „deutliche politische Einigkeit über ein Modellprojekt für Housing First in Hamburg“. Derzeit würden die Anträge zwischen B`90 Grüne und SPD noch final abgestimmt. „Die Anträge sind hoffentlich bald in der Bürgerschaft“ verkündete Frau Engels optimistisch. Noch in 2020 könne eine Konzeptionierung des Projektes und eine Ausschreibung zur Trägerfindung durch den Hamburger Senat stattfinden. Das Wohnungskontingent für Housing First in Hamburg soll durch den Hamburger Kooperationsvertrag mit der Wohnungswirtschaft gesichert werden. Im Rahmen der geplanten Verdopplung von 150 auf 300 der sogenannten „Stufe 3“ Plätze (vordringlich Wohnungssuchende mit besonderen sozialen Schwierigkeiten) soll nach Aussage von Frau Engels ein belastbares Wohnungskontingent für das Modellprojekt Housing First geschaffen werden.
Wie geht’s weiter? Ein belastbares Konzept für Hamburg muss her!
Die Wahlbefragung kann dahingehend als Erfolg gewertet werden, dass Housing First in Hamburg, zumindest als ein Modellprojekt, politisch gewollt und somit möglich ist. Inzwischen hat Rot-Grün am 29.01.2020 in der Bürgerschaftssitzung unter dem Titel „Wohnraumversorgung von Wohnungslosen und vordringlich Wohnungssuchenden weiter fördern“ einen Antrag gestellt und beschlossen, mit dem der Senat ersucht wird den Umfang der Plätze im Stufe-3-Modell auf 300 zu verdoppeln und in diesem Rahmen ein Housing First Modellprojekt in das System der Wohnungslosenhilfe in Hamburg zu integrieren.
Doch wie das Modellprojekt inhaltlich genau aussehen soll, wird erst mit der Konzepterarbeitung entschieden werden. So muss im Anschluss an den politischen Beschluss zur Förderung des Projektes ein belastbares Konzept in enger Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Wohnungslosenhilfe ausgearbeitet werden.
Housing First – aber bitte auch richtig und in zentralen Lagen!
Als Bündnis Stadtherz fordern wir, dass das Konzept für Housing First in Hamburg inhaltlich über das „Stufe 3-Modell“ hinaus gehen und den Grundprinzipien von Housing First (z.B. bedingungsloser und langfristiger Zugang zu Wohnraum sowie direkter Mietvertrag zwischen Vermieter*innen und Mieter*innen, also keine Zwischenschaltung eines Trägers im Mietvertrag) bei der Ausarbeitung und Umsetzung standhalten muss.
Das Bündnis Stadtherz wird den Prozess zur Umsetzung von Housing First in Hamburg weiterhin – vor und nach der Bürgerschaftswahl am 23.02.2020 – begleiten, wie z.B. bei der konkreten Umsetzung unserer Forderung nach der Bereitstellung von Wohnungen für Housing First bei der Neubebauung des ehemaligen City-Hofs und der städtischen Brachfläche Ecke Norderstraße/Schultzweg im Münzviertel.
Weitere Informationen folgen.